29 August 2006

Klimawandel, Wissenschaft und Medien


Quelle: by St Stev (cc)

Wissenschaftliche Erkenntnis lässt sich schwerlich allgemeinverständlich verkaufen. Einen komplexen Sachverhalt kann man nicht in 90-Sekunden-Häppchen verpacken, den aktuellen Stand der Erkenntnis mit allen offenen Fragen und aktuellen Kontroversen auf den medialen Punkt zu bringen, ist so gut wie unmöglich. Und wenn dann auch noch politische und wirtschaftliche Interessen betroffen sind, blamieren sich die doch recht einseitig geschulten Damen und Herren Ingenieure und Professoren regelmäßig. Journalisten wollen einfache Wahrheiten möglichst reißerisch ihrem Publikum verkaufen, den schwarzen Peter jemandem zuschieben, in drei Sätzen wissen, wie man die Welt rettet und sich spätestens in einem Monat mit einem neuen Thema beschäftigen.

Ein schönes Beispiel hierfür ist die seit Jahrzehnten geführte Debatte um die von Menschen verursachte globale Klimaveränderung. Inzwischen gibt es einen sehr breiten Konsens darüber (PDF) , dass Menschen hieran beteiligt sind - jedenfalls nach den üblichen Kriterien innerhalb der scientific community, in der es selbstverständlich immer abweichende Meinungen gibt, die üblicherweise nicht unter den Tisch gekehrt, sondern ernsthaft diskutiert werden. Die Frage ist eher, inwieweit sie den fachlichen mainstream ernsthaft überzeugen können. Außerhalb dieser abgeschlossenen Gemeinschaft hingegen wird jeder selbsternannte Skeptiker zum mächtigen Gegenargument, jeder Außenseiter bekommt seine fünf Minuten Berühmtheit, und die bizarrsten Verschwörungstheorien erhalten journalistische Aufmerksamkeit. In den USA - wen wundert es - sorgen von der Industrie und PR-Profies gegründete "Institute" für Volksverdummung, über die man selbst mit einem physikalischen Grundkurswissen nur verzweifelt den Kopf schütteln kann.

Leider kennen die wenigsten Journalisten weder die tatsächlichen aktuellen internen Debatten, noch können sie die Seriösität jener Kritiker angemessen beurteilen, und eine "ausbalancierte" oder "demokratische" Darstellung von wissenschaftlichen Phänomenen gibt es nicht. Da mag das auch für Laien verständliche debunking (z.B. PDF und PDF und PDF) populärer Skeptiker-Einwände ein wichtiger Schritt sein, aber spätestens beim nächsten Medienbericht über den "Hockey Stick" oder den Zusammenhang zwischen Solaraktivitäten und Temperatur steht man wieder am Anfang und kann bestenfalls im Internet in öffentlichen Debatten versuchen, kritisch dagegen zu argumentieren.

Und die besten jorunalistischen Absichten verkehren sich ins völlige Gegenteil, wenn Alarmismus an die Stelle seriösen Abwägens tritt. So spricht der Physiker Stefan Rahmstorf in der "Zeit" vom ungeliebten Weder-noch: Medien wollen von den Wissenschaftlern vor allem Sensationen und Katastrophenwarnungen hören. Andere Richtigstellungen zu medialen Dramatisierungen von ihm finden sich hier und hier.

Von daher sind zwei kürzlich erschienene Publikationen äußerst interessant, in denen es um das Thema Medien und Klimawandel geht. In "Mixing Politics and Science in Testing the Hypothesis That Greenhouse Warming Is Causing a Global Increase in Hurricane Intensity (PDF)" in der letzten Ausgabe des Bulletin of the American Meteorological Society (BAMS) beschäftigen sich die Autoren eingehend mit dem Problem, wie man komplexe Hypothesen zum Thema Klimawandel testen kann und wie solche schwierigen Ergebnisse sinnvoll medial kommuniziert werden, auch was die Grenzen des aktuellen Wissensstands angehen. In dem vom Institute for Public Policy Research (IPPR) herausgebenen Bericht "Warm words: How are we telling the climate story and how can we tell it better? (PDF)" hat man sich inhaltsanalytisch mit der Darstellung des Klimawandel-Themas beschäftigt und verschiedene Strategien herausgestellt, wie britische Medien das Thema darstellen. Apokalyptische Szenarien werden dabei als "climate porn" bezeichnet. Angemessene Vorschläge für Wissenschaftler, wie sie mit Medien umgehen sollen, schließen sich an.

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